Hanfsamen

Ölhanf und Hanföl

von Stefanie Goldscheider

Hanfblüten und Hanffrüchte

Hanf (Cannabis sativa) gehört zur Familie der Cannabaceae. Er ist mit Hopfen verwandt. Hanf und Hopfen sind zweihäusige Pflanzen. Das bedeutet, daß es männliche und weibliche Blüten gibt. Nur die weiblichen Blüten bilden Samen und nur an den Samen beziehungsweise Samenhüllen bildet die weibliche Pflanze Harz..

Das stark duftende und aromatische Blütenharz hat den Hanf berühmt und berüchtigt gemacht hat. Mit dem Harz von Hanf kann, wie mit dem Harz von Hopfen, Bier gebraut werden. Doch auch die Hanfsamen wurden immer genutz, ergeben sie doch ein sehr gesundes Speiseöl.

Cannabis sativa ist eine einjährige, starkwüchsige, tiefwurzelnde Pflanze, von der weltweit viele verschiedene Sorten mit unterschiedlichen Eignungen und Anpassungen existieren. Für den Anbau gibt es Faserhanf, Ölhanf und speziell auf Harzausbeute und THC-Gehalt selektionierten Drogenhanf mit bis zu 20 % THC in den weiblichen Blüten. Heute selektiert man auch auf THC-arme oder THC-freie Sorten zur Extraktion von CBD.

Anbau von Ölhanf

Sollen vorrangig Samen oder Blüten geerntet werden, so wird der Hanf weniger dicht ausgesät als zur Erzeugung von Fasern. So haben die einzelenen Pflanzen mehr Platz und bekommen mehr Sonne für die Ausreife. Zur Ernte werden die Samen gedroschen. Es werden bevorzugt sogenannte einhäusige Sorten, welche weibliche und männliche Blüten an einer Pflanze tragen oder Hybridsorten angebaut. Sie sind im Hinblick auf die Samenausbeute ertragreicher als herkömmliche Sorten, die an 50 % der Pflanzen keine Samen ausbilden, weil sie nur männliche Blüten tragen. Mit einhäusigen Sorten werden Samenerträge von 3 bis 4 Tonnen je Hektar erzielt. Frankreich ist heute nach China der zweitgrößte Produzent von Hanfsamen. In unserem Nachbarland werden jährlich 5000 Tonnen der ölhaltigen Früchte geerntet.

Von 1981 bis 1996 war der Hanfanbau in Deutschland gänzlich verboten. Seitdem dürfen Sorten mit weniger als 0,2 % THC zur Faser- und Ölgewinnung wieder angebaut werden.

Hanfsamen und Hanföl

Die 3 bis 4 mm großen Hanfsamen sind botanisch gesehen Nussfrüchte. Sie weisen eine ideale Zusammensetzung der Nährstoffe beziehungsweise der mehrfach ungesättigten Fettsäuren auf. Das heißt, Hanfsamen besitzen einen hohen Gesundheitswert. Nur wenige andere Pflanzenöle enthalten die wertvollen Omega-3-Fettsäuren, die aus Fischöl bekannt sind, in so hoher Konzentration. Samen und Samenschalen enthalten im Gegensatz zu den sie umgebenden Hüllblättern noch nicht einmal Spuren des psychoaktiven THC. Auch vor der Einführung der THC-armen Sorten bestand also nie die Gefahr einer Drogenwirkung beim Konsum der Hanffrüchte. Hanfsamen sind auch kulinarisch sehr interessant. Sie sind nicht nur bei Vögeln, wie beispielsweise dem Hänfling, das begehrteste Samenfutter. Ihr nussiger Geschmack erlaubt viele verschiedenen Zubereitungen mit den ganzen oder geschälten Samen, dem Öl oder dem Mehl aus den Presskuchen der Ölpressung.

Hanföl oxidiert wegen seines hohen Gehaltes an mehrfach ungesättigten Fettsäuren durch Wärme, Sauerstoff und Lichteinwirkung, das heißt es wird leicht ranzig. Hanföl für die Küche muss deswegen schonend durch Kaltpressung gewonnen werden. Das reichlich enthaltene Vitamin E verhindert dann zusammen mit der Aufbewahrung im Kühlschrank das Ranzigwerden in der Flasche. Hanföl verbrennt beim Erhitzen und soll ähnlich wie Leinöl nicht zum Braten verwendet werden.

Hanf als Nahrungsmittel

Hanfsamen enthalten 30 bis 35% Kohlenhydrate, die meisten als Ballaststoffe in der Schale. Sie enthalten 28 bis 35 % Fett, davon ungefähr 90 % als ungesättigte Fettsäuren und 20 % als Omega-3-Fettsäure. Hanfsamen enthalten rund 20 bis 24% Eiweiß. Daneben sind sie reich an Vitaminen und an Mineralstoffen. 100 g Hanfsamen decken nahezu den Tagesbedarf an Vitamin B1 und B2.

Nährstoffe
in 100 Gramm
Hanfsamen
mit Schale
Hanfsamen
geschält
Energie
Protein
Kohlenhydrate
   davon Ballaststoffe
Fett
   gesättigte Fettsäuren
   ungesättigte Fettsäuren
Mineralstoffe
385 kcal
20 - 24 g
30 - 35 g
33 g
28 - 35 g
3 g
28 - 32 g
6 g
560 kcal
33 g
12 g
5 g
44 g
5 g
39 g
6 g

Leicht angeröstet dienen die geschälten, sehr feinen oder die ungeschälten und knackigen Hanfsamen als geschmacksintensive Zutat und sind zu Salaten sehr delikat. Das hitzeempfindliche Hanföl eignet sich in erster Linie für die kalte Küche zu Dressings, Saucen und herzhaften Brotaufstrichen. Insgesamt werden durch die Beimengung von Hanfsamen zu Lebensmitteln der Geschmack und die Nährstoffdichte der Gerichte aufgewertet. Auch das Hanfprotein ist mittlerweile zum Abnehmen bei Low-Carb-Diäten beliebt.

Heilmittel Hanföl: Omega-3 und andere Fettsäuren

Positive Effekte von Hanföl für die Gesundheit, beispielsweise gegen zu hohe Cholesterinwerte und Arteriosklerose, sind wie bei anderen pflanzlichen Ölen durch deren hohen Anteil an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren begründet.

Durch die wertvollen mehrfach ungesättigten Fettsäuren und hier vor allem die Alpha-Linolensäure ALA (eine Omega-3-Fettsäure) und die Gamma-Linolensäure GLA ist Hanföl auch direkt therapeutisch einsetzbar. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren beeinflussen die Zellmembranen und damit die Elastizität der Gefäße und die Fließfähigkeit des Blutes. Sie sind außerdem Vorstufen hormonähnlicher Substanzen, die zahlreiche regulatorische Prozesse im Gewebe steuern.

Die Gamma-Linolensäure ist eine Omega-6 Fettsäure und kommt außer in Hanföl und Spirulina nur im Öl von Borretsch und Nachtkerzen vor. Hanföl enthält 2 bis 4 g GLA in 100 Gramm Öl. Gamma-Linolensäure ist sowohl äußerlich als auch innerlich einsetzbar gegen Hauterkrankungen wie Neurodermitis und Psoriasis. Sie wird als entzündungshemmende Substanz gegen Rheumatische Erkrankungen verabreicht und gilt wegen ihrer den Fettstoffwechsel und den Hormonhaushalt beeinflussenden Wirkung auch als Naturheilmittel beim Prämenstruellen Syndrom.

Die Alpha-Linolensäure findet sich in den in Deutschland am meisten verbrauchten Speiseölen, dem Distel- und dem Sonnenblumenöl, nur in Spuren. In Hanföl sind 15 bis 25 g pro 100 g Öl enthalten, weit mehr als in allen anderen Speiseölen mit Ausnahme von Leinöl, das doppelt so hohe Gehalte aufweist. Die Alpha-Linolensäure ist eine essenzielle Omega-3 Fettsäure, die sonst vor allem in Fischölen vorkommt. Sie wird mit der Verminderung des Risikos von Herzinfarkt, Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes und verschiedenen chronischen Entzündungen in Zusammenhang gebracht.

Hanföl in der Kosmetik

Hanföl eignet sich wegen seiner günstigen Fettsäurezusammensetzung sehr gut zur Hautpflege. Das Verhältnis aus Linolsäure und Alpha-Linolensäure von 3:1 ist dem Fettsäuremuster der Haut von 4:1 sehr ähnlich. Auch werden die wohlriechenden ätherischen Öle zum Aromatisieren von Hautcremes verwendet. Die Tatsache, dass Hanf normalerweise ohne Biozide angebaut wird und somit auch keine Rückstände von Pflanzenschutzmitteln enthält, spricht weiterhin für seinen unbedenklichen Einsatz bei empfindlicher Haut.

Nachwachsender Rohstoff

Traditionelle und modernen Verwertungsmöglichkeiten des Öls für technische Zwecke liegen in der Verarbeitung zu hochwertigen Farben, Lacken und Holzschutzmitteln. Auch natürliche Seifen und Tenside mit guter Waschkraft und sehr guter biologischer Abbaufähigkeit können aus Hanföl erzeugt werden. Eine interessante Zukunftsperspektive ist der Einsatz als Biopolymer, also als alternativer nachwachsender Rohstoff und Ersatz für Erdöl. Doch ist dies wegen der momentan noch sehr kleinen Anbauflächen höchstens für besondere Zwecke praxisrelevant.


Harz

An den weiblichen Blüten werden in speziellen Drüsen aromatische Harze gebildet. Diese finden in der Lebensmittelindustie Verwendung. In der Schweiz werden die Blüten destilliert, um ätherisches Öl daraus zu gewinnen. Das ätherische Hanföl mit dem typischen Hanfaroma, das übrigens nicht von den halizunogenen Cannabinoiden herrührt, wird dann zum Aromatisieren verschiedener alkoholischer und nicht alkoholischer Getränke und Süßigkeiten eingesetzt. Mit Hanfblüten kann, wegen der antibiotisch wirkenden ätherischen Öle, ein sehr gutes und haltbares Bier gebraut werden.

Für Lebensmittel und Getränke finden nur Sorten mit geringsten THC-Gehalten Verwendung. Inzwischen werden die Richtwerte mit den maximal erlaubten THC-Gehalten für die verschiedenen Lebensmittelgruppen immer weiter, praktisch bis auf Null, herabgesetzt.


Mehr zur Geschichte des Hanfes oder zur modernen Fasernutzung lesen Sie in den weiteren Teilen:


- Hanfgeschichte
- Faserhanf und Hanffasern

Mehr zur medizinschen Verwendung:
- CBD - Cannabidiol aus Nutzhanf
- Cannabis sativa
- Anwendungsformen & Wirkungsweisen von Vaporizern

Mehr zu Bier lesen Sie hier:
So ein Bier - eine kleine Bierkunde

Mehr zu Nüssen, Kernen und gesundem Fett:
Zedernnüsse - sibirische Pinienkerne enthalten Fette, die der GLA ähneln
Fett ist nicht gleich Fett - von Fetten, Ölen, Fettsäuren und Cholesterin
Chia - pflanzlicher Ersatz für Fischöl
Nussmuse


Buchtipps
Hanfsamen und Hanföl als Lebens- und Heilmittel, Hrsg. Nova-Institut
Verlag die Werkstatt, Göttingen, 3. aktualisierte Auflage 2003; 80 Seiten, s-w- Bilder, Grafiken und Tabellen; € 4.-
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Kochen & Backen mit Hanf von Ralf Buck
Verlag die Werkstatt, Göttingen, 2. Auflage 2003; 60 Seiten; € 4.-
Der Bäckermeister und Oecotrophologe Ralf Buck beschreibt seine besten Rezepte mit Hanfmehl, Hanfsamen und Hanföl. Vorspeisen, Hauptgerichte, Desserts und Backwaren. Gleich mitbestellen!

Buchtipps
Weedology - Alles über den Cannabis-Anbau von Philip Adams
Nachtschatten Verlag Solothurn, 1. Auflage 2018, 351 Seiten, zahlreiche Fotos, Abbildungen, Diagramme und Tabellen, € 26,80.
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