Weißdorn

Crataegus monogyna Jacq., Rosaceae

(Crataegi folium, flore, fructus)

Vorkommen und Beschreibung

Weißdorn (Crateagus monogyna) ist ein einheimischer Strauch oder kleiner Baum aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Die verschiedenen Arten von Weißdorn (Crataegus laevigata, Crataegus monogyna, u.a.) sind von den Alpen über die Mittelgebirge bis ins Flachland und an die Küste anzutreffen. Einstmals weit verbreitet ist der typische Strauch der Hecken, Waldränder und Waldlichtungen leider im Zuge von Flurbereinigung und Aufforstung vielerorts verschwunden. Weißdorn wird 5 bis 10 m hoch, einige hundert Jahre alt, ist tiefwurzelnd und hat ein sehr hartes Holz. Er ist dornig und bildet undurchdringliche Gebüsche, die Vögeln und anderen Kleintieren Schutz bieten. Dank der nektarführenden Blüten ist Weißdorn eine Bienenweide. Die Früchte sind ein gefundenes Fressen für Vögel. Weißdorn ist Überträger von Feuerbrand (1), einer Pflanzenkrankheit, die Apfelplantagen bedroht, weswegen der Strauch in Obstbaugebieten nicht gern gesehen wird. Weißdorn für Arzneimittel stammt meist aus Wildsammlung in Osteuropa.

Verwendung:

Weißdornblätter und Weißdornblüten (Bild unten) frisch oder getrocknet für alkoholische oder wässrige Extrakte und Tees. Ebenso Weißdornfrüchte.

Inhaltsstoffe:

1 - 4 % Procyanidine mit Catechin und Epicatechin und 0,3 bis 2,5 % Flavonoide vor allem in den Blüten, Phenolcarbonsäuren, Triterpene u. a.

Natürliche Medizin für Herz und Kreislauf

Weißdorn in voller Blüte

Weißdorn ist eine traditionelle Heilpflanze und seit langer Zeit Bestandteil des deutschen Arzneibuchs (DAB) sowie des Europäischen Arzneibuches (PhEur). In neuerer Zeit erhielt Weißdorn nach eingehender wissenschaftlicher Prüfung in pharmakologischen und in klinischen Patientenstudien eine sogenannte Positiv-Monographie der Kommission E und ihrer Nachfolgeorganisation ESCOP. Auch bei der WHO ist Weißdorn eine empfohlene Heilpflanze. Die Wirksamkeit von Weißdorn und seine Anwendungen sind damit sehr gut belegt. Indikationen für die Einnahme von Weißdornpräparaten sind nachlassende Herzleistung und Altersherz beziehungsweise beginnende Herzschwäche (Herzinsuffizienz der Stadien I und II nach NYHA (2)) aber auch bestimmte Formen von Herzrhythmusstörungen (Bradykardie bzw. Bradyarrhythmie (3)) sowie Beklemmungen und Druck in der Herzgegend. Weißdorn wird außerdem zur Behandlung von leicht bis mittelschwer erhöhtem Blutdruck (Hypertonie) eingesetzt. Die Herz und Kreislauf stärkende Wirkung des Weißdorns ist insbesondere bei sommerlicher Hitze gegen Symptome wie Müdigkeit und Kreislaufschwäche hilfreich.

Arteriosklerose und die Folgen: Hypertonie, Herzinsuffizienz und Herzinfarkt

Koronare Herzerkrankungen mit der Folge Herzinfarkt oder plötzlicher Herztod sind die häufigste Todesursache in Industrienationen. Diese Herz-Kreislauferkrankungen beginnen mit Arteriosklerose, also Ablagerung in den Gefäßen. Man spricht auch von Arterienverkalkung. Damit verengen sich die Blutgefäße. Durchblutungsstörungen des Herzens treten auf (Ischämie) und führen zu Sauerstoffmangel im Herzmuskel und zu dessen Schädigung. Die Arteriosklerose ist ein fortschreitender Prozess, der sich eventuell erst nach Jahren oder Jahrzehnten zeigt, häufig mit einem Herzinfarkt. Zunächst kann ein erhöhter Blutdruck (Hypertonie) aber auch Herz- und Brustschmerzen, Beklemmungen, (Angina pectoris) und Herzrhythmusstörungen auftreten. Herzinsuffizienz ist eine chronische Herzerkrankung mit irreversibler Schwächung der Herzleistung in verschiedenen Stadien.

Die unterschiedlichen Symptome und Indikationen der Herz-Kreislauferkrankungen werden mit prinzipiell unterschiedlich wirkenden Medikamenten behandelt. Verordnet werden Medikamente zur Erweiterung der Herzkranzgefäße, andere zur Verbesserung der Durchblutung und wieder andere zum Absenken des Cholesterinspiegels. Kein synthetisches Medikament deckt diese verschiedenen therapeutischen Ansätze alleine ab. Wegen der unvermeidlichen Nebenwirkungen von solchen Medikamentencocktails wird die Therapie häufig erst im Krankheitsfall, also einem späten Stadium begonnen. Es handelt sich allerdings um degenerative Herzkrankheiten, sie sind nicht reversibel. Vorbeugung kann hier viel bewirken und vor allem verhindern. Dazu gehört in erster Linie eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung beziehungsweise Sport.

Weißdorn fördert die Durchblutung, erweitert die Gefäße und senkt den Blutdruck

Weißdornpräparate erhöhen nachweislich die Kontraktionskraft des Herzmuskels und das Herz-Schlagvolumen. Sie verbessern die Toleranz des Herzmuskels gegen Sauerstoffmangel. Weißdornpräparate erweitern die Herzkranzgefäße beziehungsweise vermindern den Gefäßwiderstand und wirken somit leicht blutdrucksenkend. Mit all diesen Effekten steigert Weißdorn die Pumpleistung des Herzens und dies bei komplett unterschiedlichem Gesundheitsszustand. Bei Patienten mit Herzschwäche genauso wie bei gesunden aber körperlich belasteten Personen erhöhen Weißdornpräparate die Leistungsfähigkeit des Herzens. Bei trainierten Sportlern mit niedriger Herzfrequenz normalisiert Weißdorn die Schlagfrequenz. Weißdorn kann Blutdruckschwankungen bei körperlicher Anstrengung ausgleichen und einen Blutdruckabfall während Hitzeperioden oder Kreislaufprobleme bei der Frühjahrsmüdigkeit schnell beheben. Crataegus ist die Heilpflanze der Wahl beim sogenannten Altersherz, also der nachlassenden Herzleistung mit zunehmendem Alter und typischen Symptomen wie Atemnot, Rhythmustörungen, Brustschmerzen und schneller Erschöpfung.

Die Wirkung von Weißdornpräparaten beruht im Wesentlichen auf den oligomeren Procyanidinen und den Flavonoiden, medizinisch bedeutsamen Inhaltsstoffen. Deren Wirkungsweise hat nichts mit der von Herzglykosiden (wie aus Digitalis) zu tun. Weißdorn ist nicht giftig und nicht gefährlich. Deswegen ist seine Anwendung in der vorbeugenden Langzeittherapie bei unterschiedlichen Formen und Stadien von Herzschwäche zur Leistungerhaltung von Herz und Kreislauf empfohlen. Weißdornpressssaft sorgt aber auch bei akuten Herz-Kreislaufproblemen in der Sommerhitze rasch für Abhilfe.

Es bestehen keine Risiken bei bestimmungsgemäßer Anwendung und Dosierung. Es sind keine Hinweise auf Neben- und Wechselwirkungen und keine Gegenanzeigen bekannt, auch nicht Schwangerschaft und Stillzeit. Weißdornpräparate werden oral eingenommen. Sie sind als frei verkäufliche pflanzliche Arzneimittel in Form von Herztees oder Tropfen erhältlich.

Autorin: Stefanie Goldscheider


Lesen Sie auch:
Arzneipflanzen gegen Bluthochdruck und Arteriosklerose:
Moringa
Chia
Lycopin aus Tomaten
Catechine im Grüntee
Weintrauben-OPC
Die Vitalpilze Shiitake, Cordyceps, Maitake, Reishi


Anhang
(1) Feuerbrand ist eine durch Bakterien (Erwinia amylovora) verursachte Pflanzenkrankeit aus den USA und befällt verschiedene Arten der Rosaceae, vor allem Kernobst. Seit Ende der 80er Jahren breitet sich Feuerbrand auch bei uns seuchenhaft aus und ist eine meldepflichtige Krankheit! Feuerbrand kann besonders Apfel, Birnen- und Quittenbäume in nur einer Saison zum Absterben bringen. Im Obstbau ist Feuerbrand gefürchtet, insbesondere weil es keine Mittel zur direkten chemischen oder biologischen Bekämpfung gibt. Auch für alte Streuobstbäume ist Feuerbrand häufig fatal. Die Maßnahmen zur Eindämmung bestehen im Verbrennen befallener Bäume aber auch im Ausmerzen hochanfälliger Überträger wie Cotoneaster-Arten.
(2) NYHA-Klassifikation. Einteilung des Schweregrades bzw. der Stadien von Herzinsuffizienz nach New York Heart Association. Stadium I beschreibt keine Beschwerden aber den Nachweis einer Leistungsminderung, Stadium II leichte Beschwerden bei normaler Belastung.
(3) Bradykardie ist ein langsamer Herzschlag von unter 60 Schlägen pro Minute. Bei trainierten Sportlern ist das normal und meist nicht krankhaft. Bei der Bradyarrythmie ist der Herzschlag langsam und unregelmäßig.


Literatur:
- Brendler - Gruenwald - Jaenicke; Heilpflanzen-CD-ROM; Medpharm Scientific Publishers 2003
- Fintelmann, V; Weiss, R.F.: Lehrbuch Phytotherapie; 11. Aufl. 2006; Hippokrates Verlag, Stuttgart
- Frohne, D.; Jensen: Heilpflanzenlexikon; 7. Aufl. 2002; Wissenschaftliche Verlags GmbH, Stuttgart
- Jänicke - Grünwald - Brendler: Handbuch Phytotherapie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 2003
- Van Wyk, C. Wink; M. Wink: Handbuch der Arzneipflanzen; 2004; Wissenschaftliche Verlags GmbH, Stuttgart
- Ingrid und Peter Schönfelder: Das neue Handbuch der Heilpflanzen;Kosmos Verlag Stuttgart, 2004
- Wichtl, M.: Teedrogen und Phytopharmaka, 4. überarb. Aufl. 2002; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
- Zeitschrift für Phytotherapie, Hippokrates-Verlag