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Aloe vera Barbadensis

von Stefanie Goldscheider

Echte Aloe - eine biblische Pflanze

Dickfleischige AloeSchon im Alten Ägypten sollen Nofretete und Cleopatra Aloe vera zur Schönheitspflege für die Haut verwendet haben. Zu biblischen Zeiten wurde das Gel der dickfleischigen Blätter zur Wundheilung verwendet und ebenso zur Einbalsamierung der Toten. Alexander der Große soll Aloe-Pflanzen, die ihren Ursprung in Arabien haben, zur Behandlung verwundeter Krieger auf seinen Feldzügen mitgeführt haben, so wie viel später Kolumbus für die Wundbehandlung der Schiffsbesatzung Aloe in Töpfen mitnahm.
Die gel- beziehungsweise wasserhaltigen Blätter der Aloe bleiben über lange Zeiträume auch ohne große Pflege intakt und können tatsächlich als lebende Reiseapotheke dienen. Beschrieben wurden innere und äußere Anwendungen von Aloe vera bereits in der Antike.

Aloe Anbau

Aloe PlantageErste Aloe-Plantagen entstanden, dank Kolumbus, vor 500 Jahren auf Barbados, weswegen die weltweit wichtigste Kultursorte bis heute als Aloe vera Barbadensis bezeichnet wird (Bild rechts).

Aloe vera gehört trotz ihrer exotischen Herkunft zu den bekannten Pflanzenarten. Und doch sind aktuelle Informationen über diese altbewährte Kultur- und Heilpflanze nicht leicht zu bekommen und zudem widersprüchlich. In neueren deutschsprachigen Büchern sowohl über den Anbau von Nutzpflanzen als auch über Heilpflanzenkunde sucht man Aloe oft vergebens. Und das obwohl die selbst extremer Hitze und Dürre widerstehende Pflanze seit Jahrhunderten kommerziell angebaut wird, in den südlichen USA, Mittelamerika, Australien, Afrika und Asien sowie auf den Kanarischen Inseln. Weltweit wird Aloe vera in erster Linie zur Herstellung von Hautpflege-Produkten kultiviert, zunehmend aber auch für Nahrungsergänzungsmittel und echte Heilmittel.

Anbau, Botanik und Ökologie der Gattung Aloe

Aloe - ausdauernde GewächseAloe vera ist sehr anspruchslos was Bodenart und Wasserversorgung angeht. Die Wüstenpflanzen braucht weder tiefgründigen Boden noch Humus. Auch eine regelmäßige Wasserversorgung etwa durch Regen ist nicht erforderlich. Allerdings ist Aloe nicht frosthart. Dennoch kann man Aloe-Arten zu den Pflanzenarten der Zukunft zählen, Forschung in die Verwendung ist auf jeden Fall sinnvoll!

Die wissenschaftliche Zuordnung beziehungsweise die botanische Zugehörigkeit [1] von Aloe-Arten, die in Aussehen und Anbau Ananas und auch Agaven ähneln (Bild rechts), wechselte häufiger. Heute ist Aloe nur eine Gattung [2].

Sukkulenz

Aloe Blätter abgeschnittenGemeinsam mit Agaven ist den Aloe-Arten ihre Trockenheitsverträglichkeit und die Sukkulenz. Sukkulenz nennt man die Fähigkeit von Pflanzen Wasser in ihren Organen zu speichern. Das wiederum kennt man von Kakteen. Im Fall von Aloe ist es eine Blattsukkulenz. Die Wasserspeicherung in Aloen - wie in Kakteen - ist beim Schneiden der dickfleischigen Blätter sehr gut zu erkennen. Tatsächlich sind die Blätter, anders als bei Salat oder Gras, innen nicht fest und grün. Aloe-Blätter enthalten im Inneren kein Chlorophyll sondern ein ziemlich flüssiges, farbloses Gel (siehe Bild unten). Die Inhaltsstoffe des Gels ermöglichen die Wasserspeicherung. Es lässt sich leicht herausdrücken und direkt auf Haut oder Wunden auftragen.

Aloe zur Hautpflege

Aloe-Hautpflege Produkte internationalTatsächlich ist die äußerliche Anwendung für die Hautpflege die heute wichtigste Verwendung von Aloe vera. Hierfür wird ausschließlich das farblose Gel beziehungsweise das Blattmark aus dem Blattinneren verwendet beziehungsweise verarbeitet. Die Produkte daraus ergeben beruhigende Lotionen und Crèmes, die der Haut Feuchtigkeit spenden und Irritationen lindern, auch bei Erfrierungen und Sonnenbrandt. Weitere typische Anwendungen auf der Haut sind Verbrennungen auch durch Strahlentherapie und Röntgenstrahlung. Nachgewiesen sind antimikrobielle Wirkungen gegen Bakterien, Viren und Pilze und die heilenden Wirkung.

Zur Herstellung dieser Gels werden die frisch geernteten Aloe Blätter zunächst geschält, also von den äußeren Blattschichten befreit. In der grünen Blatthaut oder Rinde ist nämlich eine Substanz enthalten, die anderen medizinischen Verwendungen dient. Sie enthält bittere und abführend wirkende Anthrachinone, vor allem Aloin und Aloe-Emodin.

Aloe vera zur inneren Anwendung

Die inneren Anwendungen von Aloe vera müssen heute getrennt betrachtet werden. Sowohl die aus dem farblosen Gel gewonnenen Produkte als auch die aus der Blattrinde gewonnen Extrakte können innerlich angewendet werden. Sie sind jedoch vollkommen unterschiedlich. Die aus dem farblosen Gel gewonnen Säfte sind international als Health Drinks beliebt.

Bereits der griechische Arzt Dioskurides in der Antike, spätestens aber Ärzte und Botaniker wie beispielsweise Leonhart Fuchs in seinem Kräuterbuch 1543, beschrieben Aloe vera zur innerlichen und äußerlichen Anwendung. Die Gelehrten ihrer Zeit kannten neben der Wundheilung selbst eitriger Geschwüre oder von Zahnfleischentzündungen auch heilende Wirkungen bei Gelbsucht und bei Erkrankungen von Magen und Darm. Aloe vera wurde als Medizin eingenommen.

Extrakt aus der Blatt-Rinde

Kap-AloeAls bitteres Tonikum wird der Extrakt der Blatthaut beziehungsweise Blattrinde verwendet. Tatsächlich ist das Aloin, das aber vor allem aus einer anderen Aloe Art, nämlich aus Aloe ferox, der Kap-Aloe, gewonnen wird heute als galle-anregend und als sehr starkes Abführmittel bekannt. Aloin und Aloe-Emodin befinden sich im gelblichen Harz [2] in der Balttrinde. Dieser wird extrahiert. Die Tinktur dient der inneren Anwendung als Laxans gegen Obstipation. Aloin-haltige Produkte sind nicht als Nahrungsmittel geeignet, sondern nur als Arzneistoff. Aloin ist aber nicht im Gel enthalten!

Saft oder Gel aus dem Blattmark

Klares Gel im Aloe vera Blatt

Das farblose Gel der echten Aloe enthält ein Gemisch vieler Polysaccharide. Daneben sind auch Enzyme, Vitamine und viele Mineralstoffe enthalten. Insgesamt wurden rund 200 natürliche Substanzen im Aloe Gel nachgewiesen, mit den oben beschriebenen pflegenden und heilenden Wirkungen. Ausserdem enthält Aloe relativ viel Mangan, ein weiterer Baustein für eine gesunde Haut und ein starkes Bindegewebe.

Mangan

Der Mikronährstoff Mangan (Mn) ist für alle Lebewesen essentiell, egal ob Tiere oder Pflanzen. Mangan darf nicht mit Magnesium (Mg) verwechselt werden. Im Pflanzenbau kann Manganmangel ein Problem werden, denn auf kalkhaltigen Böden können es viele Pflanzenarten nur schlecht aufnehmen. Manganmangel behindert dann die Photosynthese der Pflanzen. Pflanzen brauchen also vergleichsweise viel Mangan, weswegen sie auch gute Mangan-Quellen in der menschlichen Ernährung sind.

Allerdings gilt auch für Menschen - die Aufnahme von Mangan über den Darm kann - wie im Boden für die Pflanze - leicht behindert werden, weswegen es in biologischer Bindung, wie bei Aloe-Gel, besser aufgenommen wird. Mangan ist ein wichtiger Bestandteil von Enzymen. Diese Mn-haltigen Enzyme steuern wichtige Reaktionen. Im Energiestoffwechsel und im Harnstoffzyklus ist Mangan am Aufbau von Bindegewebe, Knorpeln und Knochen beteiligt. Bei der Entgiftung freier Radikale wirkt die Superoxiddismutase (SOD), ein weiteres Mangan-haltiges Enzym.

Manganmangel ist bei Tieren bekannt und führt zu Skelettveränderungen, zu Wachstums- und Fruchtbarkeitsstörungen und zu Störungen des Zentralnervensystems. Beim Menschen zählen Insulinresistenz beziehungsweise Diabetes aber auch Epilepsie zu den denkbaren Komplikationen. Gute Quellen für Mangan sind neben Aloe-Saft auch die Haskap-Beeren und Grüntee sowie Keimlinge und Sprossen.

Aloe Saft aus dem Gel gilt aber auch als Prophylaxe und Immunstimulans bei Entzündungen und Infektionen sowie als Tonikum.



Anhang
Aloe-Artenvielfalt

[1] Unumstritten war und ist die botanische Zugehörigkeit von Aloe zu den Einkeimblättrigen Pflanzen, Einkeimblättrige = Monokotyledonen. Einkeimblättrige Pflanzen sind weit verbreitete Pflanzen, zu denen Knoblauch und Zwiebeln, Gras und Getreide, oder Spargel und Bananen sowie alle Palmen und alle Orchideen sowie Lilien gehören. Aloe zählt aber nicht mehr zu den Liliengewächsen, zu denen früher auch Hyazinthen, Amaryllis und Agaven gestellt wurden. Zwischenzeitlich galten die zirka 500 Aloe-Gewächse als eigenständige Pflanzenfamilie der Aloaceae. Inzwischen scheint zumindest die Ordnung geklärt; Aloe-Arten (Bild rechts) gehören zu den Spargelartigen = Asparagales. Auch Spargel ist sukkulent!

[2] Das Familienmerkmal ist heute der gelbliche Latex beziehungsweise das Harz. Die Pflanzenfamilie von Aloe wird derzeit als Xanthorrhoeaceae angegeben, von griechisch "xanthos" = gelb und griechisch "rhoe" = fließen. Der deutsche Pflanzenname "Grasbaumgewächse" ist ebenfalls vielsagend. Aloe-Gewächse sind mehrjährig und verholzen. Sie bilden einen Stamm. Manche Arten werden sehr groß und alt und können insofern als Bäume bezeichnet werden. Davor zählten Aloen zu den Affodill-Gewächsen = Asphodelaceae. Affodill-Gewächse werden heute als Unterfamilie der Aloen angegeben.



Quellen
- Sukkulenten. Urs Eggli. Ulmer, Stuttgart, 2. vollständig überarbeitete Auflage 2008
- Lexikon der Lebensmittel und der Lebensmittelchemie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 4. Auflage 2005
- Handbuch der Arzneipflanzen; 2004; Wissenschaftliche Verlags GmbH, Stuttgart, Van Wyk, Wink, Wink