Leistungsförderer - Was ist das?
von Rüdiger SudhopViele Menschen haben in den letzten Jahren Berichte über Leistungsförderer in den Medien gesehen, gelesen oder gehört. Dabei ging es oft um den Einsatz von Antibiotika als Wachstumsförderer in der Tierernährung. Das ist Grund genug, an dieser Stelle einmal auf diese Wachstums- oder örderer einzugehen.
Umgangssprachlich werden sowohl antibiotische als auch probiotische Futterzusatzstoffe zur Leistungsförderung als "Leistungsförderer" bezeichnet. Die Futtermittelverordnung versteht unter dem Begriff "Leistungsförderer" aber nur die vier noch zugelassenen antibiotischen Leistungsförderer (siehe unten). Probiotische Leistungsförderer werden dagegen als "Mikroorganismen" eingestuft. Der Einfachheit halber wird hier trotzdem den Begriff Leistungs- oder Wachstumsförderer für leistungsfördernde antibiotische und probiotische Futterzusatzstoffe beibehalten.
Die Verdauung - Kurz gefaßt
Wie kommt das Tier eigentlich an die Nährstoffe im Futter? Das ist - grob gesagt - ganz einfach:- Futter fressen, im Maul zerkleinern und mit Speichel anreichern, damit der pH-Wert im Magen stimmt.
- Im Magen den Futterbrei mit Säure aufschließen und für die weitere Verdauung vorbereiten. Beim Wiederkäuer [1] bearbeiten vorher noch Bakterien im Pansen das Futter. Deshalb kann er auch die im Futter enthaltene Rohfaser nutzen.
- Und schließlich im Darm (Dünndarm, Dickdarm) die Nährstoffe per Enzym aus dem Futter herauslösen und so umbauen, daß sie die Darmwand passieren können. Hier wird auch das Wasser vom Körper aufgenommen.
Was sind Leistungsförderer?
Leistungsförderer sind Stoffe, die die Nährstoffaufnahme in Pansen oder Darm optimieren. Deshalb ist der Futterverbrauch für ein Kilogramm Gewichtszuwachs beim Tier geringer, wenn Leistungsförderer verwendet werden. Das hat durchaus auch ökologische Aspekte, da auf diese Weise weniger Nährstoffe (Besonders Stickstoff und Phosphor) mit dem Mist auf den Acker ausgebracht werden.Leistungsförderer kommen vornehmlich bei der Produktion von Geflügel-, Rind- und Schweinefleisch zum Einsatz.
Wie funktionieren Leistungsförderer?
Einerseits hemmen Leistungsförderer in Pansen oder Darm unerwünschte Bakterien und Pilze. Andererseits fördern sie gewünschte Organismen wie beispielsweise Milchsäurebaktieren. So verbessert sich die Futterverwertung [2] und der Futterverbrauch sinkt.Die in der EU verwendeten Leistungsförderer lassen sich grob in antibiotische und probiotische Substanzen einteilen:
Antibiotische Leistungsförderer
Antibiotische Leistungsförderer sind Antibiotika, die dem Futter
in geringen Mengen zugegeben werden (<100 mg/kg Futter). Das Futtermittelgesetz
schreibt die Dosierung genau vor. Bei Schweinen und Geflügel wirken
die antibiotischen Leistungsförderer auf den Darm, bei Wiederkäuern
dagegen vornehmlich auf den Pansen. Dabei sollen sie den Darm oder Pansen
keinesfalls keimfrei machen. Dies würde schwere Verdauungsstörungen
nach sich ziehen. Sie beeinflussen vielmehr die Zusammensetzung der
Darm- oder Pansenflora. Sie hemmen beispielsweise pathogene Organismen
und ihre Menge. Weniger Mikroorganismen in Darm oder Pansen verbrauchen
auch weniger Nährstoffe aus dem Futter, welche wiederum dem Tier
zur Verfügung stehen. Interessant ist auch, daß diese Leistungsförderer
kaum vom Organismus aufgenommen werden und so nur im Darm oder Pansen
wirken.
Bei Wiederkäuern wirken Leistungsförderer
hauptsächlich auf die im Pansen lebenden Mikroorganismen. Diese
Mikroorganismen bilden unter anderem Propion-, Essig- und Milchsäure,
welche vom Rind aufgenommen werden. Diese Säuren und ihr Verhältnis
zueinander beeinflussen bei Kühen die Milchbildung und bei Mastrindern
den Fleischansatz. Wachstumsförderer bevorzugen propionsäurebildende
Bakterien gegenüber Essig- und Milchsäurebildern. Dies verbessert
bei Mastrindern die Futterverwertung, senkt aber bei Milchkühen
den Fettgehalt der Milch, was unerwünscht ist. Man spricht von
einem zu engen Essigsäure-Propionsäure-Verhältnis. Deshalb
sind antibiotische Leistungsförderer für Milchkühe nicht
geeignet. Schließlich sei noch darauf hingewiesen daß Leistungsförderer
die Methanbildung im Pansen verringern, was sich wiederum positiv auf
Futterverwertung und Weltklima durch weniger Methan in der Atmosphäre
auswirkt.
Bei Schweinen und Geflügel liegt
der Wirkort der Wachstumsförderer im Darmtrakt. Die antibiotischen
Leistungsförderer senken hier den Besatz an Mikroorganismen und
drängen eher unerwünschte Darmbewohner (Beispielsweise pathogene
Keime) zurück. Auf diese Weise stehen dem Tier mehr Nährstoffe
aus dem Futter zur Verfügung. Außerdem wird es weniger mit
Stoffwechselprodukten der im Darm lebenden Mikroben wie beispielsweise
Ammoniak und Histamine belastet. Deshalb verringert sich auch die Dicke
der Darmwand, da die Schadstoffbelastung durch Stoffwechselprodukte
der Darmorganismen abnimmt. Durch die dünnere Darmwand verbessert
sich die Nährstoffaufnahme. Leistungsförderer stabilisieren
den pH-Wert im Darm, indem sie dessen Schwankungen dämpfen. Auf
diese Weise verbessert sich die Wirkung der Verdauungsenzyme, so daß
sich die Futternährstoffe besser nutzen lassen.
Die beste Wirkung zeigen antibiotische Leistungsförderer bei Jungtieren.
Bei ihnen ist das körpereigene Abwehrsystem noch nicht voll funktionsfähig,
weshalb es durch die keimhemmende Wirkung der Leistungsförderer
unterstützt wird. Deshalb beschränkt sich die Verwendung antibiotischer
Leistungsförderer auf die Aufzucht der Schweine bis diese ein Lebendgewicht
von ca 25-30 kg erreichen. Später sind nur noch geringe Effekte
zu beobachten, weshalb dann für gewöhnlich auf antibiotische
Leistungsförderer verzichtet wird.
Interessant ist auch, daß die Leistungszuwächse, die durch
Wachstumsförderer in den letzten 40-50 Jahren kontinuierlich zurückgegangen
sind. Am Anfang konnten Leistungszuwächse von bis zu 35% beobachtet
werden. Heute liegen sie zwischen 0 und 5%. Diese Abnahme der Wirksamkeit
ist auf die im Laufe der Jahre stark verbesserte Anpassung von Fütterung
und Haltung an die Bedürfnisse des Tieres zurückzuführen.
Probiotische Leistungsförderer
Probiotische Leistungsförderer sind zumeist selbst lebende
Mikroorganismen und haben eine etwas andere Wirkung. Sie beeinflussen
das Geschehen im Darm, indem sie gewünschte Darmmikroben fördern,
mit unerwünschten um Nährstoffe konkurrieren und sie auf diese
Weise hemmen oder verdrängen. Aus diesem Grunde setzt die Wirkung
erst nach einiger Zeit ein.
Als probiotische Leistungsförderer sind beispielsweise Milchsäurebakterien
oder auch verschiedene Hefen im Einsatz. Da sie sich nicht dauerhaft
im Darm ansiedeln können, müssen sie laufend über das
Futter zugeführt werden. Die über das Futter aufgenommenen
leistungsfördernden Milchsäurebakterien besetzen Bindungsstellen
im Darmepithel, so daß diese nicht mehr von unerwünschten
Mikroorganismen genutzt werden können. Weiterhin kann innerhalb
der Darmschleimhaut ein Biofilm aufgebaut werden, der ebenfalls als
Infektionsbarriere wirkt. Schließlich bilden die zugeführten
Milchsäurebakterien Milchsäure und kurzkettige Fettsäuren.
Diese wirken ihrerseits hemmend auf pathogene Keime.
In ihrer Wirkung erreichen sie zwar nicht das Niveau der antibiotischen
Leistungsförderer, doch sind gerade bei Sauen, Ferkeln und Kälbern
positive Effekte zu beobachten. Bei Kälbern und Ferkeln mindern
probiotische Leistungsförderer das Auftreten von Durchfallerkrankungen.
An dieser Stelle läßt sich ein Bogen zur menschlichen Ernährung
schlagen. Seit einigen Jahren sind vermehrt probiotische - also mit
mikroskopisch kleinen Organismen angereicherte - Milchprodukte auf dem
Markt. Auch hier ist das Ziel, die Darmflora mit "guten" Mikroorganismen
zu besiedeln, um krankmachende Keime zurück zu drängen. Hier
kommen - wie bei der Tierernährung auch - lebende Milchsäurebakterien
zum Einsatz.
Welche Leistungsförderer gibt es?
Folgende antibiotische Leistungsförderer sind heute noch von der EU zugelassen und in Deutschland im Gebrauch:- Salinomycin-Natrium (Salocin): für Ferkel und Mastschweine
- Avilamycin: für Ferkel, Mastschweine
- Flavophospholipol (Flavomycin): für Legehennen, Puten, Ferkel, Mastschweine, Kälber, Mastrinder
- Monensin-Natrium: für Mastrinder
Probiotische Leistungsförderer müssen ebenfalls von der EU zugelassen werden. Folgende Organismen können mit EU-Zulassung als Futterzusatzstoff verwendet werden:
- Entercococcus faecium DSM 5464 Für Masthühner und Kälber
- Mischung aus Lactobacillus casei NCIMB 30096 Für Kälber
- Enterococcus faecium NCIMB 30098
- Enterococcus faecium CECT 4515 für Ferkel
Auch für sie werden Anwendungsbereich und Aufwandmenge genau vorgeschrieben.
Die Untersuchungen, die im Rahmen der Zulassung eines probiotischen
Wachstumsförderers durchgeführt werden, sind sehr umfangreich.
Zunächst muß die Wirksamkeit des Probiotikums belegt werden.
Außerdem muß gewährleistet sein, daß der neue
Mikroorganismus nicht toxisch auf Mensch und Tier wirkt und keine Resistenzen
überträgt oder die Wirksamkeit von Antibiotika einschränkt.
Werden auch Hormone zur Leistungsförderung
eingesetzt?
In der EU ist der Einsatz von Hormonen zur Leistungsförderung verboten.
Sie dürfen nur zu therapeutischen Zwecken wie beispielsweise bei
Kühen oder Sauen verwendet werden. Grund für dieses Verbot
ist, daß eine Verbrauchergefährdung insbesondere durch synthetisch
hergestellte Hormone nicht ausgeschlossen werden kann.
Hormone zur Leistungsförderung kommen aber in den USA, Japan oder
Kanada zum Einsatz. Mastrinder bekommen dort ein kleines Hormonimplantat
hinterm Ohr eingepflanzt, welches kontinuierlich Hormone freisetzt.
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Anhang
[1] Wiederkäuer sind beispielsweise Rinder und Schafe.[2] Die Futterverwertung besagt, wieviel Futter für ein Kilogramm Zuwachs nötig sind. Die Futterverwertung verbessert sich, wenn je kg Zuwachs weniger Futter benötigt wird.
Dipl.-Ing. agr. Rüdiger Sudhop
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