Straußenhaltung

von Rüdiger Sudhop

Viele von Ihnen denken bei Straußen wahrscheinlich an große Vögel, die in afrikanischen Savannen hin und wieder den Kopf in den Sand stecken. Vielleicht kommt ihnen aber auch das Straußenfleisch in den Sinn, das sie im Supermarkt gesehen haben oder im Restaurant aßen.

Seit einigen Jahren gibt es Straußenhaltung auch in Deutschland. Dieser Artikel soll zeigen, wie hierzulande der Vogel Strauß gehalten wird.


Der Vogel

Der Strauß ist ein flugunfähiger Laufvogel. Hähne erreichen Gewichte zwischen 100 und 150 kg bei einer Körpergröße (Kopf bis Fuß) von über 2 m. Hennen sind etwas kleiner. Sie bringen 90 bis 110 kg auf die Waage und erreichen eine Körpergröße von bis zu 2 m. Ein laufender Strauß erreicht Geschwindigkeiten von 60-70 km/h.
Strauße leben in freier Wildbahn in Gruppen. Diese bestehen aus 2 bis 3 Hennen und einem Hahn. Hennen besitzen ein graues Gefieder. Erwachsene Hähne sind an ihrem schwarzen Gefieder mit weißen Schwungfedern zu erkennen (Bild links).


Die Straußen-Rassen

Da der Vogel Strauß seit etwa 150 Jahren gezüchtet wird, haben sich im Laufe der Zeit 3 Rassen herausgebildet:


Der Rothalsstrauß lebt überwiegend in der freien Wildbahn. Er ist das größte Mitglied der Straußenfamilie und der eigentliche Wildstrauß. Die Hähne zeichnen sich durch eine rosarot bis kräftig rot gefärbte Haut an Hals und Oberschenkeln aus (Bild 1). Kommerziell wird diese Rasse nur wenig genutzt, weil sie sehr aggressiv und nicht sehr produktiv ist, also eine geringe Legeleistung Ausschlachtung [1]besitzt.


Beim Schwarzhalsstrauß handelt es sich um die kleinste der 3 Straußenrassen. Schwarzhalsstrauße lassen sich am kurzen, grauen Hals und an den ebenfalls grau gefärbten Beinen erkennen (Bild 2). Schwarzhalsstrauße besitzen besonders gute Federn und liefern ein hochwertiges Leder. Sie werden deshalb in Südafrika vorwiegend zur Feder- und Ledergewinnung gezüchtet.


Der Blauhalsstrauß ist etwas größer als der schwarzhalsige Artgenosse. Die Hähne haben während der Paarungszeit einen rot gefärbten Schnabel und ebenfalls bis zum Knie rote Beine (Bild 3 und oben). Blauhalsstrauße setzen mehr Fleisch an als Schwarzhalsstrauße und kommen bevorzugt in der Fleischproduktion
Die Hennen aller Rassen sind durchweg unauffällig grau gefärbt.

Die Straußen-Haltung

Die kommerzielle Straußenzucht hat ihren Ursprung in Südafrika. Dort begannen die ersten Farmer um 1860, Strauße zu halten. Bis zum ersten Weltkrieg wurden große Mengen Straußenfedern nach Europa exportiert. Nach dem Krieg verloren die Federn ihre Bedeutung. Statt dessen war Straußenleder gefragt. Das Straußenfleisch war lange Zeit für die Straußenzucht und Haltung uninteressant. Erst um 1980 nahm seine Bedeutung zu, weil die Nachfrage nach diesem als fett- und cholesterinarm geltendem Fleisch anstieg.

Die ersten Strauße wurden 1906 von Karl Hagenbeck nach Deutschland gebracht. Seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts haben sich hier einige Straußenfarmen entwickelt.

Neben Deutschland werden in 50 weiteren Ländern der Erde Strauße gehalten. Von einiger Bedeutung sind hier noch Kenia und Israel. Selbst in Kanada (!) gibt es Straußenfarmen. Allerdings ist das südliche Afrika nach wie vor das Zentrum der Straußenzucht.


Strauße werden auch bei uns im Auslauf gehalten. Dabei sollen einem Hahn und 2 Hennen mindestens 1000 qm Fläche plus 1000 qm Umtriebsfläche [2] zur Verfügung stehen. Da Strauße Reviertiere sind, wird das Umtreiben auf eine andere Weide in der Praxis vermieden. Es ist für die Tiere ein großer Streßfaktor, da sie ihre alte Weide (Ihr "Revier") verlassen müssen. In freier Wildbahn bleiben die Strauße ihrem Revier treu, solange es das Nahrungsangebot zuläßt. Aus diesem Grund wird den Tieren eine Standweide von mindestens 2500 qm angeboten. Zusätzlich bestimmt auch die Aufwuchsmenge 3] die Größe der Weidefläche, denn die Strauße dürfen ihre Weide nicht kahlfressen. Wächst das Gras in der Straußenweide also spärlicher, brauchen die Tiere mehr Platz.


Der Weideboden muß durchlässig sein, damit sich keine Staunässe bildet. Schwere Böden scheiden für die Straußenhaltung also aus.


Reine Stallhaltung ist für Strauße nicht geeignet. Der Stall dient den Tieren nur als Wetterschutz und auf Wunsch zur Übernachtung. Er muß so bemessen sein, daß ihn alle Tiere gleichzeitig nutzen können.


Der Stall sollte so groß sein, daß die Tiere genügend Platz zum Stehen und Liegen haben.


Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft empfiehlt folgende Stallflächen je Tier:

 

1. Lebenswoche
2. Lebenswoche bis 3. Lebensmonat
4. bis 6. Lebensmonat
7. bis 12. Lebensmonat
Ab 13. Lebensmonat
0,25 m², Mindeststallfläche 1 m²
1 bis 3 m², Mindeststallfläche 5 m²
3 bis 4 m², Mindeststallfläche 10 m²
4 bis 6 m², Mindeststallfläche
8 m² , Mindeststallfläche 16 m²


Praxisbeobachtungen zeigen, daß zuviel Stallfläche gerade bei erwachsenen Straußen zu Aggressionen führen kann und somit für die Tiere nicht förderlich ist.



Wichtig ist, daß das Straußengehege frei von Fremdkörpern ist. Denn Strauße haben einen ausgeprägten Pickinstinkt und nehmen für ihre Verdauung Steine auf. Deshalb neigen sie dazu, besonders harte Fremdkörper zu fressen. Dadurch können sich die Tiere schwer verletzten.


Schließlich sei noch kurz die dauernde Tierschutzdiskussion angesprochen. Seit Jahren tobt in Deutschland ein Streit zwischen Tierschützern und Straußenhaltern. Tierschützer behaupten, daß eine artgerechte Straußenhaltung in Deutschland infolge des kühlen und feuchten Klimas nicht möglich sei, da der Strauß die Nässe nicht vertrage. Dem halten Straußenhalter entgegen, daß ihre Tiere selbst bei Regen und Schnee auf der Weide umher laufen und in Pfützen begeistert ein Bad nehmen und sich dabei augenscheinlich wohl fühlen. Sie weisen auch darauf hin, daß die hiesigen Temperaturschwankungen für die Tiere kein Problem sind, da die Strauße in den südafrikanischen Wüsten Temperaturen von nahe 0° bis +50°C ausgesetzt sind. Auch müssen sie dort mit kräftigen Regenfällen fertig werden. Das wichtigste Argument für eine Straußenhaltung in Deutschland ist aber wohl die erfolgreiche Naturbrut und Aufzucht von Jungtieren. Denn wenn die Tiere brüten und ihre Küken aufziehen, muß die Umwelt ihren Ansprüchen genügen.

Das Straußen-Futter

Futter finden Strauße größtenteils auf der Weide. Ca. 70% ihres Futters besteht aus Gras. Zusätzlich bekommen die Tiere oftmals noch Getreide, Sojaschrot und Mineralfutter. Dieses Beifutter wird ihnen in Futterkrippen oder -Schalen angeboten. Eine aufwendige Fütterungstechnik ist also nicht nötig.

Die Produkte vom Strauß

Vermarktet werden Straußenfedern, Fleisch, Haut und Straußeneier.


Straußenfedern werden oft zur Dekoration oder auch für Bekleidungszwecke verwendet. Außerdem eignen sie sich auch hervorragend als Staubwedel.


Das Straußenfleisch ist ein dem Rindfleisch ähnliches rotes Fleisch. Außerdem ist es fett- und cholesterinarm:


 
Fett [%]
Eiweiß [%]
Energie
[KJ/100 g]
Cholesterin
[mg/100g]
Strauß
Rind
Schwein
Geflügel
1,2
15
25
1,3
22
22
28
24
440
660
1340
480
58
63
105
70

Schlachtreif sind Strauße im Alter von 12 bis 16 Monaten. Der Schlachtkörper wiegt dann 50-60 kg. Die Ausschlachtung [1] liegt bei ca. 50% (Zum Vergleich: bei Rind und Schwein beträgt die Ausschlachtung 60% bzw. 80%). Das hochwertige Fleisch konzentriert sich dabei auf die 2 Keulen. Daraus werden beispielsweise Straußensteaks oder - filets gewonnen. Das Fleisch aus Brust und Flügel ist weniger interessant und findet als Verarbeitungsfleisch (Für Wurst, Gehacktes usw.) Verwendung. Der Zubereitung sind kaum Grenzen gesetzt. Straußenfleisch läßt sich braten, grillen, als Gulasch genießen...

Einen regelrechten Run auf Straußenfleisch gab es während der BSE-Krise vor 2 Jahren. Seit dem nimmt der Straußenfleischverbrauch wieder ab. Straußenfleisch ist übrigens ab 18€/kg zu haben.


Straußenleder ist ein weiteres wichtiges Produkt. International werden Strauße heute noch hauptsächlich wegen des Leders gehalten. Auch hierzulande ist die Straußenhaut von besonderer Bedeutung. Sie zeichnet sich durch eine besondere Struktur aus (wirkt durch die Ansätze der Federn etwas noppig) und wird beispielsweise zu Handschuhen und Taschen verarbeitet.


Straußeneier eignen sich außer zur Nachzucht auch für die menschliche Ernährung. Ein Straußenei wiegt zwischen 1,2 und 2 kg. Straußeneier lassen sich genau so zubereiten wie Hühnereier. Allerdings sollte man keine Straußeneier kochen. Man weiß nie ob sie bereits hart gekocht sind oder nicht...


Zuchttiere werden mit Preisen ab ca. 2000€ je Trio gehandelt.

Fazit

Die Straußenhaltung hat in den letzten Jahren in Deutschland an Bedeutung gewonnen. Möglich wurde dies erst durch den steigenden Verbrauch an Straußenfleisch, welches besonders während der BSE-Krise als Alternative zum Rindfleisch gesehen wurde.


Trotzdem wird die Straußenhaltung hier sicherlich nicht in großem Umfang betrieben werden. Dies liegt nicht an der Haltung, sondern eher an den "exotischen" und recht teuren Produkten. Denn Strauße lassen sich auch hier bei uns artgerecht halten, wie diverse deutsche Straußenfarmen zeigen, auf denen sogar die Naturbrut gelingt.

[1] Ausschlachtung: Gibt an, wie hoch der prozentuale Anteil des Schlachtkörpergewichtes am Lebendgewicht zum Schlachtzeitpunkt ist. Eine hohe Ausschlachtung bedeutet viel verwertbares Fleisch und wenig Abfälle.

[2] Umtriebsfläche: Entspricht dem Gutachten "Mindestanforderungen an die Haltung von Straußenvögeln, außer Kiwis" des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft. Auf diese werden die Tiere getrieben, damit auf der eigentlichen Weide wieder Gras nachwachsen kann.

[3] Aufwuchsmenge: Grasmenge, die in einer Weide wächst

Dipl.-Ing. agr. Rüdiger Sudhop

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Buchtipp:
Strauße - Zucht, Haltung und Vermarktung