Algen - der Ursprung allen Lebens

Algen überall

Entstehung der Algen

Rotalgen im Spülsaum der KüsteDas Leben auf der Erde begann vor 3,8 Milliarden Jahren mit den Bakterien und Archaeen, die in einer Welt ohne Sauerstoff entstanden. Vor 3 Milliarden Jahren sorgten die ersten grünen Lebewesen, und zwar blau-grüne Algen, auch Cyanobakterien genannt dafür, dass sich die Erdathmosphäre grundlegend verändern sollte. Diese ersten Sauerstoff produzierenden Organismen waren im Prinzip Zellen aus Chlorophyll [1]. Sie verwandelten durch Photosynthese mit Hilfe von Sonnenlicht und Wasser sowie den darin gelösten chemischen Elementen, die giftige Uratmosphäre aus Kohlendioxid, Methan- und Schwefelgas in eine sauerstoffreiche und lebensfreundliche Atmosphäre.

Algen für Sauerstoff

Auch heute ist die globale Sauerstoffproduktion vor allem durch marine Algen enorm groß. Die großen, bis zu 100 Meter langen Seetange (Kelp) und das winzige Phytoplankton in den Ozeanen produzieren mehr Sauerstoff als alle Wälder an Land. Anders betrachtet binden Algen auch enorme Mengen an Kohlendioxid in ihrer großen Biomasse und wirken so der Klimaerwärmung entgegen. Doch nicht nur die Luft zum Atmen für Mensch und Tier, auch die gesamte Nahrungskette beginnt mit den Algen. Algen gibt es in allen Meeren, Seen und Flüssen aber auch an Land - auf Felsen oder Bäumen - und in Symbiose mit Pilzen oder Tieren. Algen sind in Form des Phytoplanktons direkte Nahrung für die größten Lebewesen, die Blauwale, und für viele andere Tiere. Algen enthalten in hochkonzentrierter Form alle Aminosäuren, Mineralstoffe und Vitamine, die wir in der täglichen Ernährung benötigen. Ernährungsphysiologisch besonders wertvoll sind die Omega-3-Fettsäuren EPA, DPA und DHA, die wir aus Fischöl kennen. Sie sind hoch konzentriert in Algen enthalten, weil sie von den Algen synthetisiert werden. Nicht der Fisch produziert die Omega-Fettsäure, er frißt sie nur!

 


Algen als Nahrung

Schon in prähistorischer Zeit wurden von küstenbewohnenden Völkern Algen als Lebensmittel genutzt. Eine große Bedeutung bis Heute haben die Seetange - in englischsprachigen Ländern als Seaweeds bekannt - an der irischen und britischen Nordseeküste. Traditionell isst man das Laverbread aus einer Rotalge, derselben Algenart, mit der die Japaner ihr Sushi zubereiten. Heute hat Japan den höchsten pro Kopf Verbrauch an Speisealgen und die größte Auswahl. Die verschiedenen Algen und Tange bilden aber auch andere technologisch, medizinisch oder ökologisch relevante Stoffe, darunter Binde- und Geliermittel wie Agar-Agar oder Carrageen, Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika, Düngemittel und Farbstoffe.

Biologie der Algen

Abstammung

Algen sind vielgestaltig aufgebaute Organismen. Entwicklungsgeschichtlich besteht oft gar keine Verwandtschaft der Algen untereinander. Im Gegenteil gibt es Algen in mehreren Domänen und Abteilungen des Stammbaums aller Lebewesen (Abbildung unten).

Nach der Entstehung der Prokaryoten [2] und der Eukaryoten [3] verzweigt sich der Baum des Lebens sehr früh (wahrscheinlich vor 1,8 Milliarden Jahren) in fünf Subdomänen. Diese Subdomänen (früher als Reiche bezeichnet) sind unter Anderen die Tiere (und Pilze), die Pflanzen und die Braunalgen. Es sind also beispielsweise Tiere mit Pilzen näher verwandt als Grünalgen mit Braunalgen! Nah verwandt hingegen sind höhere Pflanzen mit den Grünalgen. Dennoch ist die große Gemeinsamkeit aller Algen und Tange die photoautotrophe Lebensweise [4], also die Fähigkeit sich ausschließlich von anorganischen Stoffen und Sonnenlicht zu ernähren. Chlorophylle und andere photosynthetisch aktive Pigmente betrachtet man heute als ausschlaggebend für die Zugehörigkeit im Stammbaum.

Stammbaum der Algen

Stammbaum der Algen: Alle im Schaubild rot gekennzeichneten Subdomänen und Abteilungen sind Algen. Unter den Algen gibt es sehr viele Einzeller: die prokaryotischen Mikroalgen bzw. Cyanobakterien und zahlreiche Abteilungen eukaryotischer Mikroalgen, die im Wesentlichen das Phytoplankton in Süß- und Salzwasser stellen. Vielzellige Algen, auch genannt Makroalgen, die differenzierte, hoch strukturierte Organismen (Tange) darstellen, sind die Rotalgen (Rhodophyta), die Grünalgen (Chlorophyta) und die Braunalgen (Phaeophyceae). Braunalgen gehören zu einer eigenständigen Subdomäne! (früher Reich), der Subdomäne der Heterokontobionta. In der Subdomäne - dem Reich - der Pflanzen (Chlorobionta) gibt es ebenfalls viele Algen und zwar die Grünalgen. Die Rotalgen (Subdomäne Rhodobionta) haben sich stammesgeschichtlich sehr früh eigenständig entwickelt. Unter den Rhodobionta gibt es keine Einzeller sondern nur Tange.



Morphologie der Algen und Tange

Thallus

Algen unterscheiden sich ganz wesentlich in ihrer Größe und Struktur sowie den biochemischen Vorgängen, beziehungsweise den Farben.

Die mit dem bloßen Auge unsichtbaren einzelligen, bis mehrzelligen oder fädigen Formen bilden das Phytoplankton und besiedeln die Meere und das Süßwasser. Die größten und am kompliziertesten gebauten Meeresalgen werden auch Seetang oder Kelp genannt. Auf Englisch heißen sie Seaweeds. Tange haben einen differenzierten und strukturierten Vegetationskörper, den sogenannten Thallus. Der Thallus ist in Organe untergliedert, in Rhizoid, Cauloid und Phylloid, vergleichbar mit Wurzel, Stegel und Blatt. (Bild rechts). Einen Thallus mit verschieden geformten Blattstrukturen, mit Stengeln und Haftorganen bilden die Braunalgen, die Rotalgen und die Grünalgen.


Fortpflanzung

Tange bezeihungsweise Makroalgen wachsen und vermehren sich mit asexuellen und sexuellen Phasen im Wechsel. Auch einzellige Mikroalgen können sich durch Teilung vermehren oder durch Geschlechtszellen. Die Fortpflanzung ähnelt den Vermehrungszyklen Echter Pilze, wo es keine Samen sondern Sporen gibt. Sporen gehen nicht aus Blüten und Früchten hervor, weder bei den Mikroalgen noch bei den großen Tangen oder Makroalgen. Stattdessen entwickeln sich die Geschlechtszellen einfach an den Enden der blattartigen Strukturen (der Phylloide). Die Geschlechtszellen treiben frei im Wasser um sich zu vereinigen, ein bißchen wie bei der Korallenblüte im Riff. Viele Tange haben sehr komplizierte Fortpflanzungszyklen - wie etwa die japanische Alge für Sushi.

Systematik und Taxonomie der Algen

Abstammung der Pigmente

Algen werden heute nach ihren biologisch und stammesgeschichtlich unterschiedlichen Pigmenten unterschieden. Die Pigmente zur Photosynthese sind so bedeutsam, weil sie Rotalgen,Grünalgen Braunalgen ursprünglich als eigenständige Prokaryoten [2] auf der Erde existierten. Im Verlauf der Evolution gingen die Pigmente eine Symbiose mit Eukaryoten [3] ein, wurden quasi einverleibt und so gemeinsam zu photoautotrophen [4] Pflanzen. Die Pigmente [5] der Algen - rote, blaue - und braune - überlagern das grüne Chlorophyll [1], das in den Echten Pflanzen dominiert. Die Pigmentfarbstoffe finden großes Interesse auch in der medizinischen Forschung als hoch effiziente Wirkstoffe der Zukunft.

Bild links: Grünalgen, Rotalgen und Braunalgen in der Brandung.

Unterschiedliche Zellwände

Auch die Zellwände der verschiedenen Organismen auf der Welt sind stammesgeschichtlich unterschiedlich aufgebaut. So enthalten etwa die Echten Pilze die gleichen Substanzen wie Insekten, nämlich Chitin! Tatsächich stehen die Echten Pilze (= Chitinpilze!) den Tieren näher als den Pflanzen (siehe oben). Bei den höheren Pflanzen aber auch bei den Grünalgen finden sich zur Festigung der Gewebe stets Zellulose und Pektine. Die Seetange haben hier je nach Abstammung verschiedene andere Baupläne entwickelt und bilden andere Substanzen in ihren Zellwänden. Diese Zellwand-Bestandteile sind Kohlenhydrate und wirtschaftlich von großer Bedeutung als Bindemittel. Es sind die Alginate, das Carrageen und das Agar Agar - vegane Geliermittel.

Die bedeutendsten Algen und Tange

Die wichtigsten Algen-Abteilungen sind Rotalgen (Rhodophyta), Braunalgen (Phaeophyta) und Grünalgen (Chlorophyta) sowie Kieselalgen.

Rotalgen (Rhodophyta)

Rotalgen sind allesamt Seetange, also strukturierte, vielzellige Meeresorganismen. Ihre Entwicklung begann bereits vor 1,8 Milliarden Jahren. Zu den Rotalgen zählt man über 5000 meist marine Arten. Sie wachsen in Küstennähe. Rotalgen halten sich an Gesteinen und anderen Oberflächen fest, auch an anderen Tangen. Ihre charakteristisch rote Farbe kommt von anderen Photosynthese-Pigmenten als bei grünen Pflanzen und Grünalgen. In erster Linie ist es das rot erscheinende Phycoerythrin, daneben aber auch das violett bis blau erscheinende Phycocyanin, das auch in Blaualgen vorkommt. Diese Pigmente verstärken die Lichtabsorbtion und damit die Photosynthese. Rotalgen kommen noch mit geringsten Lichtintensitäten zurecht und leben bis in 180 oder 200 Meter Meerestiefe! Ihre Zellwandbausteine sind komplexe Kohlenhydrate (Polysaccharide) beziehungsweise Schleimsubstanzen, die man aus einigen Rotalgen großtechnisch gewinnen kann. So das Carrageen und das Agar Agar.

Agar-Agar

Agar ist der gereinigte und getrocknete Extrakt aus Rotalgen beispielsweise aus Gattungen wie Gelidium und Gracilaria (Bild links, Gracilaria). Agar-Agar bindet große Mengen von Wasser und kann als pflanzliches Geliermittel problemlos anstelle von Gelatine für Marmelade und Gelees sowie andere Fruchtzubereitungen, Torten, Terrinen und Cremes verwendet werden. Seine Gelierkraft ist bedeutend höher als die Gelierkraft von Gelatine. Anders als Gelatine ist Agar-Agar pflanzlichen Ursprungs, also vegan. In der Lebensmittelindustrie wird Agar-Agar vielfach verwendet als Stabilisator, Emulgator und Geliermittel für Süßwaren, Milchprodukte und Backwaren. Es dient in diätetischen Produkten als Quellmittel und Laxans, denn es ist für die menschliche Verdauung

Carrageen

Ein weiterer bedeutsamer Zellwandbestandteil der Rotalgen ist der Schleimstoff Carrageen. Carrageen wird beispielsweise aus der Art Chondrus crispus gewonnen. Chondrus crispus hat eine lange Tradition in Lebensmitteln, sowohl in England als auch in Japan. Carrageen bindet Proteine und Wasser und wird deswegen in Milchprodukten und Eiscrèmes, in Fleisch- und Fischprodukten aber auch für Farben und Kosmetik sowie als Gleitmittel verwendet. Auch industriell wird Carrageen als Stabilisator und als Verdickungsmittel in der pharmazeutischen Technologie und in der Lebensmittelindustrie vielfältig eingesetzt. Carrageen ist ein Ballaststoff, vegan und kalorienfrei und als Quell- und Ballaststoff für diätetische Lebensmittel geeignet.


Rotalgen sind auch kulinarisch von großer Bedeutung. Nori ist eine in Japan sehr populäre Algenart. In der Bretagne kennt, schätz und kultiviert man weitere Arten zu Speisezwecken.

Braunalgen (Phaeophyta)

Braunalgen sind die wohl auffälligsten Vertreter aller Algen, zumindest sind es die größten. Braunalgen beziehungsweise Seetange kommen vor allem an den Küsten gemäßigter und kalter Meere vor. In der Gezeitenzone und im vorgelagerten Flachwasserbereich bilden sie große und ausgedehnte Wälder, den Kelp. Sie geben zahllosen Kleinstlebewesen und Jungtieren Schutz und Nahrung und sind sehr bedeutsame Ökosysteme in sich. Die meisten Tange brauchen einen festen Untergrund zur Verankerung, es gibt aber auch frei treibende riesige Schwimmtange wie etwa Sargassum.

Man kennt keine einzelligen Braunalgen (obgleich die einzelligen Kieselalgen relativ nah mit Braunalgen verwandt sind). Die stets in Blatt, Stiel und Haftorgan gegliederten Körper (Thallus, siehe Bild oben) und ihre differenzierten Gewebestrukturen mit Festigungs- und Leitelementen erinnern stark an Gefäßpflanzen. Die braune Farbe, die das Chlorophyll überdeckt, kommt vom Photosynthese Pigment Fucoxanthin. Das Fucoxanthin ist kennzeichnend für das Reich der Braunalgen-Verwandten. Es absorbiert Licht mit Wellenlängen wie das Chlorophyll b, das es aber in Braunalgen nicht gibt (im Gegensatz zu den grünen Pflanzen). Ein weiterer stammesgeschichtlich begründeter Unterschied sind die Substanzen der Zellwand.

Alginat

Der Zellwand-Baustoff der Braunalgen ist die Alginsäure. Das Salz der Alginsäure, das Alginat wird großtechnisch vor allem aus Arten der Gattungen Macrocystis, Laminaria, Ascophyllum und Fucus gewonnen. Alginat hat ein sehr hohes Wasserhaltevermögen. Es bildet glasklare Gallerten und dient in Pharmazie und Lebensmittelindustrie vielfältigen Zwecken als Emulgator und als Bindemittel. Textildruck und Papierherstellung sind weitere wichtige Anwendungsgebiete von Alginaten.

Braunalgen - Produkte und Verwendung

Algen der Gattungen Fucus und Ascophyllum sind Ausgangsmaterial für Naturkosmetik zur Haut- und Haarpflege. Sie sind Bestandteil der Thalassotherapie. Aber auch zur inneren Anwendung bei gesundheitlichen Störungen werden Braunalgen beziehungsweise Kelp verarbeitet und erfolgreich eingesetzt.

Verschiedene Braunalgen sind kulinarische Spezialitäten wie z.B. Meeresspaghetti, Hijiki, Kombu und Wakame.
Alle Tange dienten oder dienen an den Küsten futter für Wildtiere und als Viehfutter, sowie der Gewinnung von nährstoffreichen Düngemitteln für die Landwirtschaft. Neuerdings werden Algenmehle auch als natürliche Wachstumsföderer in der Tiermast eingesetzt. Historisch ist dagegen ihre großtechnische Verwendung als Lieferanten für Soda, Schießpulver oder Pottasche. Diese Erzeugung beruhte auf dem sehr hohen Mineralstoffgehalt der Seetange und der beim Verbrennen zurückbleibenden Asche.

Grünalgen (Chlorophyta)

Grasgrüne Algen, teils filigran gegliedert, teils in Strukturen, die Gräsern oder Wasserpflanzen ähneln, kennen wir alle aus Pfützen, Tümpeln, Flüssen und Seen, also aus Süßwasser überall und rings um uns herum.

Unter den arten- und formenreichen Grünalgen gibt es zahlreiche einzellige, aber auch viele höher organisierte Vertreter. Wie die höheren Pflanzen haben alle Grünalgen Chlorophyll a und b sowie beta-Carotin. Sie bilden Zellwände aus Zellulose und Pektin und haben Stärke als wichtigstes Speicherkohlenhydrat.

Diese Gemeinsamkeiten sind Grund für die Annahme, dass Grünalgen die Vorfahren aller Gefäßpflanzen sind. Ettliche Grünalgen sind an das Landleben bereits angepasst. Sie wachsen an Baumstämmen und auf Steinen, können sich also sogar dauerhaft vor Austrocknung schützen und Wasser aus der Luft aufnehmen. Andere Grünalgen leben in Symbiose mit niederen Tiere, z.B. mit Korallen oder mit Pilzen, z.B. als Flechten.
Der Nutzen der Grünalgen für die Ernährung der Menschheit oder für medizinische und technische Zwecke ist vielversprechender Gegenstand der Erforschung. Einzelne Arten wie der Meeressalat der Gattung Ulva dienen aber bereits heute kulinarischen Zwecken. Die grüne Mikroalge Chlorella liefert hochwertiges Protein. Andere Grünalgen werden in großen Produktionsanlagen gezüchtet um wertvolle Inhaltsstoffe zu gewinnen, beispielsweise Provitamin A oder Astaxanthin [6].

 


Kieselalgen (Bacillariophyceae)

Diatomeen oder Kieselalgen, von denen man ca. 10 000 Arten kennt, nutzen wie die Braunalgen Fucoxanthin zur Photosynthese. Es sind aber ausschließlich einzellige Mikroalgen. Kieselalgen haben aber eine sehr bedeutende Besonderheit: Ihre Zellwand ist durch Kieselsäureeinlagerungen verstärkt und bildet einen dauerhaften, glasklaren und durchsichtigen Panzer. Die mikroskopisch kleinen Kieselalgen sind Hauptbestandteil des Phytoplanktons. Sie sind Grundlage der Nahrungskette im Meer, vergleichbar mit Gras, Wiesen und Weiden an Land.

Im Tertiär gab es Massenvorkommen an Kieselalgen, deren Skelette große Lagerstätten, die Diatomeenerde oder Kieselgur ausbildeten. Kieselgur (Siliciumdioxid) hat mikroskopisch feine Poren und findet technische Verwendung zur Filtration und Chromatographie. Es wird auch für Zahnfüllungen sowie zur Papier- und Farbenherstellung verwendet. Kieselgur ist ein Schleif- bzw. Poliermittel und wird im biologischen Pflanzenschutz verwendet, um Insekten und bestimmte Pilze durch ihre schmirgelnde Oberfläche abzuhalten. "Terra silicea", die gereinigte Kieselerde findet auch in der Kosmetik und als Nahrungsergänzungsmittel Verwendung.


Algenschutz?

Algen sind Organismen, die alle Lebensräume besiedeln können. Man findet sie in den Ozeanen, in den Zonen ewigen Eises ebenso wie in trockenen Sandwüsten oder in heißen Quellen. Algen können eine sehr hohe Biomasseproduktion aufweisen, wenn Nährstoffe, Temperaturen und Licht im Optimum sind. Die Zuwachsraten von Algen sind mit die höchsten aller Organismen. Die Größe bestimmter Algenarten kann sich mit der von Bäumen messen beziehungsweise diese überschreiten.
Man kennt und fürchtet die Algenblüte, eine Massenvermehrung im Sommer, die binnen kurzem überdüngte Seen in eine stinkende, grüne, teilweise sogar giftige Pampe verwandeln kann. Wenn diese Algen danach absterben und bakteriellem Abbau unterliegen, bringt der hohe Sauerstoffverbrauch diese Seen zum Umkippen. Doch auch die Meere leiden, wenn Algen sterben, denn ein Zuviel an Kohlendioxid im Wasser erzeugt Kohlensäure und versauert selbst Ozeane.
Auch die geschätzen und vielfältig genutzten Seetange haben enorme Wachstumsraten und produzieren in kürzester Zeit unglaubliche Tonnagen an Biomasse, und wertvollen Inhaltsstoffen, wie Fettsäuren und Mineralstoffen, Proteinen und Kohlenhydraten sowie Algenkalk. Leider werden die für das Ökosystem so wertvollen Tange besonders an Küsten oft rücksichtslos abgeerntet beziehungsweise herausgerissen und verarbeitet.
Und hier beginnt auch schon eines der Probleme. Es gibt kein Lebewesen, das nicht durch Raubbau und Übernutzung durch den Menschen entscheidend geschwächt oder gar ausgerottet werden könnte.
Hinzu kommt die Einleitung von Abwässern in Flüsse und das Meer. Dieser Eingriff führt zwar zu vermehrtem Algenwachstum, aber es dominieren nur einzelne Arten. Solche Algen sind für den Verzehr nicht mehr geeignet. Wertvolle Algen, die in sauberem, klarem, nährstoffärmerem Wasser wachsen oder deren Wachstum langsamer ist, unterliegen und sterben ab. Die Verseuchung der Küsten mit Erdöl oder die Einleitung von Giftstoffen treffen nicht nur Vögel, Fische und niedere Tiere tödlich, sondern auch deren Nahrungsgrundlage - die Algen.


Anmerkungen

[1] Chlorophyll ist für die größte Leistung der Evolution zuständig: für die Umwandlung von Sonnenlicht in Biomasse und damit in alle Nahrungsmittel und Brennstoffe wie Holz, Kohle, Erdgas oder Erdöl. Der hoch komplexe Vorgang ist die Photosynthese. Sie bindet CO2. Einst waren Chlorophylle frei lebende Prokaryoten. Sie wurden von Eukaryoten durch innere Symbiose einverleibt und immer weiter vererbt. Die Pflanzenzelle ist ein Sammelbecken von Organellen - verschiedener einstmals selbstständiger Bakterien beziehungsweise Prokaryoten. In dieser Zellsymbiose stellen die Ur-Algen, (Chlorophylle und anderen Pigmente) die Energieerzeuger. Die Ur-Algen sind also die Photosynthesekraftwerke in den Zellen aller Pflanzen von Heute.

[2] Prokaryoten sind Einzeller ohne Zellkern. Sie umfassen zwei der drei Domänen des Stammbaums aller Lebewesen auf der Erde. Nach Schätzungen stellen sie das 100-fache an Biomasse, das die gesamte Tierwelt stellt. Die Reiche der Bakterien (unter anderem Cyanobakterien, Chlorophylle, Stickstofffixierer und Symbionten von Tieren und Pflanzen) und der Archaeen (z.B. Methanbildner) sind Prokaryoten. Die globale Bedeutung ist unermesslich.

[3] Eukaryoten haben einen Zellkern, der die Zelle steuert und die Erbinformation beinhaltet. Auch sonst sind Eukaryoten viel strukturierter als Prokaryoten. Eukaryoten entstanden, indem verschieden prokaryotische Zellen (Chlorophyll und andere) in eine zusammengesetzte neue Zelle übergingen und so differenzierte Funktionen möglich wurden. Eukaryoten sind strukturierte, vielmals auch vielzellige Organismen wie Bäume und Tange. Die Domäne der Eukaryoten umfasst alle Pilze, Pflanzen und Tiere. Sie begannen vor 1,8 Milliarden Jahren.

[4] Photoautotroph ist eine Zelle beziehungsweise ein Organismus, wenn er Licht anstatt von organischer Substanz / Nahrung für sein Wachstum und seine Vermehrung verwendet. Photoautotroph sind alle grünen Pflanzen aber auch Rot- und Braunalgen sowie Blaualgen und Flechten. Dies steht im Gegensatz zur Heterotrophie aller Tiere, der Pilze und einiger Schmarotzerpflanzen, die von anderen Organismen synthetisierte Substanzen zur eigenen Ernährung nutzen. Sie nutzen Pigmente - und zwar das Melanin - nur als Sonnenschutz.

[5] Pigmente sind die photosynthetisch aktiven Bestandteile oder Organellen in pflanzlichen Zellen. Die bekanntesten sind die Chlorophylle a und b. Chlorophylle lassen Pflanzen und Grünalgen grün erscheinen. Zusammen absorbieren Chlorophyll a und b hauptsächlich im blauen Spektralbereich sowie im roten Spektralbereich Photosynthese-Pigmente (Abbildung rechts). Dazwischen gibt es eine große Lücke im grünen und gelben Bereich - die Grünlücke. Bei Rotalgen und Braunalgen sowie bei Cyanobakterien fehlt obendrein das Chlorophyll b. Hilfspigmente in Rotalgen, Blaugrünen Mikroalgen (Cyanobakterien) und Braunalgen absorbieren Licht genau dort: Das Fucoxanthin der Braunalgen, das Phycoerytrin der Rotalgen und das Phycocyanin der Blau- und der Rotalgen schließen die Grünlücke und sorgen für sehr hohe Photosyntheseleistungen auch in tiefen Wasserschichten (Abbildung rechts).

[6] Astaxanthin ist ein weiteres Pigment und gehört zu den Carotinoiden. Das Astaxanthin aus einigen Grünalgen färbt über die Nahrungskette Kleinkrebse, Langusten und Hummer aber auch das Fleisch der Wildlachse und die Federn der Flamingos orange.



Lesen Sie mehr über Algen:
Nori, Wakame und Kombu - die Algenküche für Gourmets
Gesund und fit durch Spirulina
Die Grünalge Chlorella

Quellen und Literatur
- Strasburger - Lehrbuch der Botanik, Andreas Bresinsky, Christian Körner, Joachim W. Kadereit, Gunther Neuhaus, Uwe Sonnewald. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2008.

- Welt der Bakterien, Archaeen und Viren. Ein einführendes Lehrbuch der Mikrobiologie, Gerhard Gottschalk, Wiley-VCH, Weinheim, 2015.

- Seaweeds - edible, available & sustainable, Ole G. Mouritsen, University of Chicago Press, 2013

- Seaweeds. David Thomas. The Natural History Museum London 2002.




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