Vom Ei zum Brathähnchen II

von Rüdiger Sudhop

Broiler oder Masthähnchen gehören zu speziellen Masthühnerrassen. (Siehe auch Vom Ei zum Brathähnchen Teil I).Sie erreichen innerhalb von 34-40 Tagen ein Schlachtgewicht von 1600-2000 g. Hähnchen und Hühnchen werden gemischt gehalten.

Der Stall

Nachdem die Küken in der Brüterei geschlüpft sind und ihre Impfung [1] erhalten haben, ziehen die einen Tag alten Tiere in den Maststall um. Sie bleiben dort bis zum Schlachttag und werden nicht umgestallt. Ein Masthähnchenstall muß also den Ansprüchen einen 2 Tage alten Kükens genauso genügen wie denen eines 28 Tage alten Broilers. Wie ist das möglich?

Üblicherweise sind Masthähnchenställe als eingestreute Bodenhaltungsställe ausgeführt. Als Einstreu dient Stroh oder Sägemehl. Die Einstreu bietet den Tieren eine gemütliche Unterlage zum Schlafen und einen weichen Untergrund, auf dem sie umher laufen. Außerdem können die Hühnchen darin nach Herzenslust scharen.

Damit es den kleinen Küken nicht zu kalt und den größeren Broilern nicht zu warm wird, verfügt der Masthähnchenstall über eine leistungsfähige Heizung und Belüftung (Bild). Die Heizung ist nötig, um den Stall für die Eintagsküken auf etwa 34°C aufzuheizen. Wenn die Tiere älter werden, mögen sie es nicht mehr so warm und die Temperatur wird im Laufe der Mastperiode auf ca. 20°C absenkt. Für ein gutes Stallklima sorgt die eingebaute Belüftungsanlage. Sie bewirkt, daß die Luft im Stall überall die gleiche Temperatur und Qualität hat. Das ist wichtig, damit sich die Tiere nicht an einer Stelle im Stall versammeln, sondern die ganze Stallfläche nutzen. Schließlich dient die Lüftungsanlage auch der Einstreupflege, indem sie überschüssige Feuchtigkeit abführt und so für eine trockene Einstreu sorgt. Das senkt die Gefahr von Krankheiten und steigert das Wohlbefinden der Broiler.

 

Ihr Futter bekommen die Tiere im allgemeinen mit Hilfe einer Schalenfütterung (Bild). Diese besteht aus einem Befüllrohr und den daran befestigten Futterschalen. Die Futterschalen sind so ausgelegt, daß sowohl die kleinen Küken als auch schwere Broiler bequem an ihr Futter gelangen können.

Wasser gibt es -Wie bei den Mastelterntieren- an der Nippeltränke (Bild). Diese ist an der Decke aufgehängt und kann mit Seilwinden dem Tieralter entsprechend hochgezogen oder abgesenkt werden.

Außerdem gibt es noch einen Computer zur Steuerung und Überwachung von Lüftung, Heizung, Fütterung und Tränke.

Das Futter

Die Masthähnchen bekommen ein Mischfutter, welches meist aus Getreide (Incl. Mais) und Sojaextraktionsschrot besteht. Außerdem können noch Vitamine und Aminosäuren (Lysin/Methionin) zur Verbesserung der Eiweißqualität [2] zugesetzt sein. Die Futterzusammensetzung ändert sich im Laufe der Mastperiode, da so der Gehalt an Energie und Eiweiß verändert wird: Die jungen Küken bekommen ein eiweißreiches Futter, während die älteren Masthähnchen ein eiweißärmeres erhalten.

Die Mastverfahren

Da je nach Verwertungsrichtung und Kundenwunsch Broiler mit unterschiedlichen Gewichten gewünscht werden, gibt es 3 verschiedene Mastverfahren. Diese unterscheiden sich in der Mastdauer und dem angestrebten Endgewicht:

Kurzmast
Die Kurzmast dauert bei einem Mastendgewicht von 1400-1700 g etwa 32-35 Tage. Die Tiere kommen gefrostet als das klassische Hähnchen in den Handel.

Mittelschwere Mast
Bei der mittelschweren Mast liegt das Mastendgewicht bei 1700-2000 g. Dieses erreichen die Broiler nach 40-42 Tagen. Die Tiere werden als Ganzes oder in Teilstücken vermarktet.

Langmast
Die Langmast dauert 41-51 Tage. Die Masthähnchen erreichen Mastendgewichte von 2000-2800 g. Hierbei werden Hennen und Hähne getrennt gemästet, da die Hennen ab 1800 g Körpergewicht zu starkem Fettansatz neigen. Zusätzlich werden die Tiere rationiert gefüttert, um sie in guter Kondition zu halten und ein Verfetten zu vermeiden. Leichte und mittelschwere Tiere erfreuen sich in Deutschland großer Beliebtheit. In Übersee sind dagegen eher schwere Masthähnchen gefragt.

Die Verbindungen

Die gesamte Hähnchenmast zeichnet sich durch sehr enge Verbindungen zwischen Erzeuger, Brüterei und Schlachthof aus. Denn nur so ist gewährleistet, daß der Schlachthof seine Schlachtbänder kontinuierlich auslasten kann, beim Landwirt keine Leerzeiten für den Stall entstehen und daß die Brüterei ebenso regelmäßig ihre Küken absetzen und die Elterntierhaltung planen kann. Dies alles wird in Verträgen zwischen Brüterei, Schlachthof und Landwirt geregelt. Es wird genau festgelegt, wann die Ausstallungstermine sind, welche Schlachtgewichte die Broiler haben sollen, wann wieder eingestallt wird und wieviel für die ausgemästeten Masthähnchen zu zahlen ist. Oft wird auch der Futterlieferant festgelegt.

Unterschiede zwischen Bio und Konventionell

Die Stalleinrichtung ist bei beiden Produktionsrichtungen -abgesehen von zusätzlichen Sitzstangen für Biobroiler- gleich. Unterschiede gibt es bei der Besatzdichte und maximalen Bestandsgröße. Der Tierbesatz im Stall wird für gewöhnlich in kg Lebendgewicht pro m² angegeben und soll bei konventioneller Haltung 35 kg/m² nicht überschreiten. Bei alternativer Tierhaltung schwankt die zulässige Besatzdichte von Verband zu Verband und von Stallform zu Stallform. Beispielhaft seien hier die Besatzdichten von DEMETER und BIOLAND (Sie entsprechen der EU-Ökoverordnung) angegeben: Danach sind in einem festen Stall maximal 21 kg/ m² und nicht mehr als 10 Tiere/m² zulässig. In einem beweglichen Stall dürfen höchstens 30 kg/m² (Nicht mehr als 16 Tiere/ m²) gehalten werden.

Neuere konventionelle Hähnchenmastställe bieten meistens Platz für 20.000-30.000 Tiere. Im Öko-Landbau ist die Tierzahl pro Stalleinheit auf 4800 Masthähnchen begrenzt. Im Unterschied zur konventionellen Hähnchenmast dürfen bei der ökologischen Broilermast nicht mehr als 1600 m2 Stallfläche je Betrieb/Produktionseinheit vorhanden sein. Außerdem müssen Biobroiler Zugang zu einem Außenklimabereich (Wintergarten [4]) und Grünauslauf haben. Die Wintergartengröße soll mindestens 1/3 der Mindeststallfläche betragen. Jedem Tier müssen 4m² Grünauslauffläche zur Verfügung stehen. Für die konventionelle Erzeugung gibt es eine solche Vorschrift nicht. Für die biologische Broilermast werden im Großen und Ganzen die gleichen Herkünfte verwendet wie im konventionellen Bereich. Allerdings sind - wenn möglich- langsamer wachsende Linien zu bevorzugen. Die meisten Küken für Biomasthähnchen kommen aus dem konventionellem Sektor, da es nur sehr wenige ökologisch geführte Elterntierbestände gibt. Nach einer Umstellungszeit von 10 Wochen dürfen die Tiere als Erzeugnis aus biologischem Landbau verkauft werden. Das Mindestschlachtalter für Bio-Masthähnchen liegt bei 81 Tagen. Gefüttert wird wie im konventionellen Landbau mit einem Mischfutter, welches aus Getreide incl. Mais und einem Eiweißträger besteht. Als Eiweißträger könnenErbsen und Bohnen sowie -je nach Anbauverband- dampferhitztes Sojaschrot verwendet werden. Extraktionsschrote aus der Pflanzenölgewinnung sind verboten. Das Verbot von Extraktionsschroten erschwert die Eiweißversorgung der Masthühner, da Erbsen und Bohnen [5] nur in begrenztem Umfang verwendbar sind und Sojaschrot wegen seines hohen Ölgehaltes zur Verfettung der Broiler führen kann. Die Futterkomponenten im Bio-Mischfutter müssen aus ökologischem Anbau kommen. Der Zusatz von Vitaminen und Mineralfutter ist wie bei konventioneller Haltung- erlaubt. Weiterhin dürfen weder Leistungsförderer [6] noch Coccidiostatika [7] verwendet werden. Allerdings gibt es abgesehen von Gesetzen und Verordnungen noch einen wesentlichen Unterschied:

Die Futterverwertung von Bio-Masthähnchen ist im Vergleich zu konventionellen Masthähnchen sehr schlecht: Um 1 kg Zuwachs in der ökologischen Hähnchenhaltung zu erzielen, sind ca. 3 kg Futter notwendig. Konventionelle Broiler benötigen für 1 kg Zuwachs nur 1,7 kg Futter. Also 44% weniger als ihre ökologisch gehaltenen Kollegen.

Das Fleisch

Das Geflügelfleisch soll zart und aromatisch sein und ein gutes Safthaltevermögen [8] besitzen. Untersuchungen hierzu liefern teilweise widersprüchliche Ergebnisse. Aber folgende Trends sind erkennbar:
In der Fleischqualität gibt es nur geringe Unterschiede zwischen Bio und Konventionell. Im Biobroilerfleisch ist etwas weniger Wasser enthalten als in konventionellem Hähnchenfleisch. Somit sind die Grillverluste beim Biofleisch etwas geringer. Bei der Sensorik gehen die Meinungen auseinander. Es soll zwischen beiden Produktionsmethoden keine oder nur geringe Unterschiede geben. Tendenziell ist der Geschmack des Biobroilerfleisches kräftiger [9] und es soll etwas zarter sein als Hähnchenfleisch aus konventioneller Haltung.

Fazit

Im Grunde gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen Biobroilern und Masthähnchen aus konventionellem Landbau. Denn beide Produktionsrichtungen halten die gleichen Tiere in vergleichbar ausgestatteten Ställen und verwenden Futter mit ähnlicher Zusammensetzung. Die wesentlichen Unterschiede liegen zum Einen im wesentlich höheren Schlachtalter der Bio-Hähnchen und der Möglichkeit der Nutzung eines Auslaufes im Freien und zum Anderen im hohen Futterverbrauch, den Ökohähnchen für 1 kg Zuwachs benötigen.



Anhang
[1] Impfung gegen infektiöse Bronchitis und später gegen Newcastle Desease (Gesetzlich vorgeschrieben).
[2] Durch den Aminosäurezusatz kann auch der Gesamteiweißgehalt des Futters gesenkt werden, was wiederum zu niedrigeren Stickstoffausscheidungen führt.
[3] Nach EU-Ökoverordnung und BIOLAND- und DEMETER-Richtlinien.
[4] Wintergarten: Ist ein überdachter Stallabschnitt mit Außenklima. Er ist vom übrigen Stall durch eine normale Wand abgetrennt. Maschendraht und Windschutznetze sowie eine ca. 1-1,2 m hohe Wand schließen den Stall zum "Grünauslauf" (Weide) ab. Betreten und verlassen können die Tiere den Wintergarten durch Ein-und Ausflugklappen.
[5] Durch den Zusatz von künstlichen Aminosäuren ließe sich die Eiweißqualität von Erbsen und Bohnen verbessern. Dies ist allerdings nicht zulässig.
[6] Leistungsförderer verbessern die Nährstoffaufnahme im Darm, indem sie dort das Wachstum bestimmter Bakterien hemmen. Es gibt antibiotische und probiotische Leistungsförderer.
[7] Medikamente gegen Kokzidiose (Kükenruhr). Kokzidiose ist eine Durchfallkrankheit, die verstärkt bei Jungtieren auftritt und zu schweren Verlusten führen kann.
[8] Ein hohes Safthaltevermögen hält die Grillverluste (Gewichtsabnahme während der Zubereitung) niedrig.
[9] Dies ist vermutlich auf das höhere Alter der biologisch erzeugten Hähnchen zurückzuführen.

Dipl.-Ing. agr. Rüdiger Sudhop
Lesen Sie: Teil 1 - Masthähnchen

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